Rede der Fraktionssprecherin der Grünen, Martina Selzer, zum Haushalt

Dezember 2022

Ja mach nur einen Plan…

Sei nur ein großes Licht…

Und mach dann noch nen zweiten Plan –

Gehn tun sie beide nicht!

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Bert Brecht seine Dreigroschenoper schrieb, dachte er vermutlich nicht an unsere kommunalen Haushalte. Trotzdem passt das Zitat leider unheimlich gut. Wir wussten nach Einbringung des Haushalts alle, dass uns die vorgelegte Planung nicht zum Ziel führt, nämlich den Kreishaushalt solide zu finanzieren.

Nachdem vor etlichen Wochen die Bilanz des Klinikums vorgelegt wurde und wir dafür erneut Unterstützung beschlossen haben, war ein tiefrotes Jahresergebnis im Kreishaushalt absehbar.

Deswegen die Entscheidung für den Neubau des Klinikums zu revidieren, wäre widersinnig. Denn die laufenden Verluste im Klinikkonzern resultieren ja vor allem aus der fehlenden Effizienz, die allein durch einen Neubau dauerhaft verbessert werden kann. Deshalb ist klar: die Zusammenführung der beiden Standorte, die Verlagerung des HKZ nach Bad Hersfeld, ist nach wie vor richtig.

Es gibt schlichtweg nicht genügend Fachkräfte, um alle vorhandenen Strukturen aufrechtzuerhalten: Schon jetzt fehlt es massiv an medizinischem und Pflegepersonal, insbesondere in Krankheitssituationen wie aktuell. Darüber hinaus sind drei Standorte in einem Landkreis auf Dauer nicht finanzierbar.

Die Finanzsituation des HKZ war schon über fast zwei Jahrzehnte mehr oder weniger desolat, nachdem die ursprüngliche Klientel an Privatpatienten ferngeblieben ist, für die die Gebäude ursprünglich errichtet wurden.

Das große Dilemma: Die Umstrukturierung kommt zu spät und geht nicht schnell genug. Denn das Klinikum in der jetzigen Form produziert immer weiter Millionenverluste, solange der Neubau nicht steht und genutzt werden kann. Das Gezerre zwischen den verschiedenen Standorten trägt eine Mitverantwortung für diese Lage.

Gerade deshalb sollten wir alle nicht aus der Sicht einzelner Kreisteile und Kommunen auf die Situation schauen, sondern zusammenstehen, um eine vernünftige Gesamtversorgung für den Landkreis noch hinzubekommen.

Ob die geplanten Schritte ausreichen, um unsere Klinikversorgung zu retten, bleibt abzuwarten. Wir sind gespannt, ob die Neuordnung der Krankenhausfinanzierung durch Bundesgesundheitsminister Lauterbach unserer Kliniklandschaft die Besserung bringt.

Bis dies geschehen ist, schien es bis vor kurzem kaum einen Ausweg aus dem aktuellen Defizit zu geben. Erst vor wenigen Tagen wurde uns Parlamentariern dann die Möglichkeit eröffnet, einen Teil des Betrages, den wir für das HKZ aufbringen mussten, nicht als Verlust, sondern als investive Maßnahme langfristig zu finanzieren, was den Druck auf den aktuellen Haushalt und die folgenden Jahre erheblich reduziert.

Dies ist eine deutliche Verbesserung der Finanzlage des Landkreises im Vergleich zum vorgelegten Haushalt. Deshalb bringen wir diesen Antrag gemeinsam mit SPD, FWG und FDP ein. Die Kostenverlagerung in die langfristige Planung halten wir für angemessen angesichts der Mammutaufgabe, die zu bewältigen ist – der Umgestaltung unserer regionalen Gesundheitsversorgung.

Wir hätten es allerdings begrüßt, wenn der Landrat selbst die Änderung eingebracht hätte, denn die ist ja aus der Verwaltung heraus erarbeitet und mit dem RP abgestimmt worden.

Allerdings: Die Fraktion, die in den vergangenen 15 Jahren den Landrat stellte und damit den eingeschlagenen Weg beim Klinikum vorbehaltlos unterstützt hat, sollte sich mit Kritik deutlich zurückhalten. Denn die Misere ist ganz sicher nicht in den vergangenen Monaten entstanden. Und sie ist auch nicht allein uns auf kommunaler Ebene zuzuschreiben: Dass z. B. die bisherige Krankenhausfinanzierung insgesamt nicht funktioniert hat, zeigt ja die Schieflage unzähliger anderer Kliniken. Ursache für die desolaten Zustände in den Kliniken, im Gesundheitswesen allgemein und in fast allen Bereichen der Daseinsvorsorge ist eine jahrzehntelange Erosion des Sozialstaats. Geld wäre mehr als genug vorhanden, um die Kommunen und ihre Aufgaben ordentlich zu finanzieren, doch das Mantra von der Steuerentlastung sitzt nach fast 20 Jahren CDU-geführter Bundesregierung zu tief. Und auch aktuell, mit SPD und grüner Regierungsbeteiligung, findet faktisch weiter eine Umverteilung von unten nach oben statt, weil der Schwanz mit dem Hund wackelt, sprich der kleinste Koalitionspartner den beiden anderen diktiert, wohin das Geld fließt.

Jetzt aber noch als CDU Einsparmaßnahmen zu fordern, ist schon ein wenig verwegen: Wenn es noch sinnvolle Einsparpotenziale gibt in diesem Haushalt, weshalb sind sie dann bis voriges Jahr nicht von einem CDU-geführten Landratsamt genutzt worden? – Nach dem Motto: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not?

Wie viele Millionen ausgegeben werden, sagt übrigens noch nichts darüber aus, ob damit auch eine gute Leistung, ein gutes Ergebnis erzielt wird. (Ich sage nur: Puma…)

Da spielen viele weitere Faktoren eine Rolle: Die Kompetenz der handelnden Personen, zum Beispiel. Und vor allem der politische Wille, auf einem Gebiet auch wirklich etwas Gutes zu erreichen.

Zum Beispiel beim Klimaschutz!

Seit geraumer Zeit gibt es einen Beirat und eine Klimaschutzbeauftragte, alle diese Aktivitäten werden derzeit komplett aus Bundesmitteln gefördert und kosten uns als Landkreis keinen Pfennig.

Es wurde ein Klimaschutzkonzept erstellt und beschlossen.

Aber: Wir kommen nicht in die Umsetzung. Mit den Fördermitteln werden Konferenzen organisiert, auf denen viel geredet wird, – es ist wie in der großen Welt: Die wirklich wirksamen Schritte zur Einsparung von CO2 werden nicht gegangen.

Dazu müsste man nämlich auch unbequeme Entscheidungen treffen und vor allem Geld in die Hand nehmen, – die im Haushalt hinterlegte Summe ist aber Null.

Dabei ist es die teuerste Option, gar nichts zu tun! Die Klimakrise und das Artensterben werden unsere Welt in einer Weise verändern, die sich jetzt noch niemand wirklich vorstellen kann.

Deshalb werden wir einem weiteren Haushalt, in dem der Klimaschutz kein Budget bekommt, nicht zustimmen.

Auch der Natur- und Artenschutz wurde in unserem Landkreis lange Zeit stiefmütterlich behandelt. Zu wenig Stellen, zu wenig Geld für wichtige Aufgaben, beispielsweise auch Kontrollen, ob die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen bei neuen Bauvorhaben auch tatsächlich wie geplant umgesetzt werden, was oft nicht der Fall ist.

Durch die Gründung des Landschaftspflegeverbands und die Ausweisung des Nationalen Naturmonuments Grünes Band in Hessen, profitiert unser Landkreis in besonderer Weise, wir können nun aus Landesmitteln weitere Manpower für dieses wichtige Thema finanzieren.

Hoffen wir, dass das eine nachhaltige Verbesserung bringt.

Noch etwas Positives am Schluss: Wir freuen uns, dass Kommunen und Landkreis gemeinsam eine Einigung gefunden haben, wie das Frauenhaus besser unterstützt werden kann. Der höhere Betrag wurde bei der Einbringung des Haushaltes schon angekündigt und wird nun mit der ersten Änderung umgesetzt.

Wir danken der Verwaltung für die engagierte Arbeit in diesen schwierigen Zeiten und werden dem eingebrachten Haushalt mit der ersten Änderung und dem von uns mit eingebrachten Änderungsantrag zustimmen, da es uns wichtig ist, dass das Geld für den Umbau des Klinikums fließen kann und wir aus dieser Misere rauskommen.

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