Wir wählen sozial!

Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege fragt – der GRÜNE KV Hersfeld-Rotenburg antwortet

Die Liga der Freien Wohlfahrtpflege, bestehend aus AWO, DRK, Diakonie, Caritas und DPWV, hat uns einen Fragenkatalog zu unseren sozialen Zielen für den Landkreis geschickt, den wir gerne beantwortet haben, weil sich die Forderungen der Liga eng mit unseren Zielen decken. Die Liga ist überparteilich und gibt keine Empfehlung zur Wahl einer bestimmten Partei. Den Wohlfahrtsverbänden liegt das Soziale am Herzen.

Zu allen Fragen lohnt sich ein Blick in unser Programm zur Kommunalwahl 2021, insbesondere in die Kapitel „Bildung“ und „Gerechte Gesellschaft“. Viele der von der Liga angesprochenen Forderungen finden sich darin wieder, unterlegt mit ganz konkreten Vorschlägen zur Verbesserung.

Kommunen schaffen Räume.

Liga:    Wir nehmen einen erheblichen Mangel an Kindertagesbetreuung im Landkreis Hersfeld-Rotenburg wahr. Mit welchen Maßnahmen und in welchem Zeitraum wollen Sie erreichen, dass der gesetzliche Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz (gilt seit 1996) und der Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege (gilt seit 2013) bereits ab dem vollendeten ersten Lebensjahr überall in der Region erfüllt wird?

GRÜNE: Kita-Betreuung ist wichtig: Gerade um Gleichberechtigung voran zu bringen! Oft sind Frauen zur Kinderbetreuung zu Hause und machen deshalb Abstriche in der Karriere. Außerdem ist frühkindliche Bildung wichtig, gerade in Pandemie und Lockdownzeiten merken wir, wie sehr Kinder andere Kinder brauchen – am besten im Kindergarten und in der Krippe. Deshalb setzen wir uns in den Kommunen für die Verbesserung der Kinderbetreuung ein: Längere Öffnungszeiten, niedrigere Beiträge, Neu- und Ausbau von Kitas.

Liga:    Es wird für Menschen mit niedrigem Einkommen immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Vor allem für Menschen mit Handicap oder sozialen Problemen wird das Menschenrecht auf Wohnraum zu einem Gut mit hohen Hürden. Wie wollen Sie sicherstellen, dass jeder Mensch im Landkreis Hersfeld-Rotenburg innerhalb Ihrer Legislaturperiode Zugang zu angemessenem Wohnraum bekommt?

GRÜNE: Hier sind die Probleme sehr unterschiedlich: In Dörfern ist das Problem, dass kaum kleine Mietwohnungen angeboten werden. Deshalb weisen wir in den Gemeindevertretungen immer wieder darauf hin, dass nicht nur klassische Einfamilienhäuser gefragt sind, sondern auch bezahlbare Mietswohnungen in Mehrfamilienhäusern, und achten bei Bebauungsplänen darauf, dass dies zulässig ist.

In der Kreisstadt Bad Hersfeld und auch in allen anderen Kommunen des Landkreises wollen wir bezahlbaren Wohnraum fördern, der vor allem Menschen mit geringerem Einkommen, Familien und alleinerziehenden Eltern ein Zuhause bietet. Wir müssen weg von luxussanierten Eigentumswohnungen.

Liga: Der Medibus, die mobile Praxis der Kassenärztlichen Vereinigung, sollte nach Ende des Projekts nicht mehr fahren. Eine nachhaltige hausärztliche Versorgung in dieser Region ist wieder in Gefahr. Wie sieht Ihr Lösungsansatz für die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum aus?

GRÜNE: Der Medibus ist eine praktikable Zwischenlösung und muss weitergeführt werden, bis eine langfristige Lösung gefunden wurde. Wir Grüne haben den Medibus immer unterstützt!

Dem Hausarztmangel in der Region kann dadurch begegnet werden, dass in Gesundheitszentren Hausärzte angestellt werden. Dieses Modell kann genossenschaftlich oder von den Gemeinden betrieben werden.

Wir kämpfen auch dafür, dass das Klinikum Hersfeld-Rotenburg in kommunaler Hand bleibt. In der Gesundheitsversorgung darf nicht um Patient*innen, Fachkräfte und Pflegepersonal konkurriert werden – die Daseinsvorsorge und die Patienten sollen im Mittelpunkt stehen und nicht der Profit.

Bei der gesundheitlichen Versorgung im Landkreis setzen wir auf Kooperation. Stationäre und ambulante, Therapie- und Präventionseinrichtungen sollen besser zusammenarbeiten.

Kommunen schaffen mühelose Zugänge.

Liga:    Seit März 2009 ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention) rechtsverbindlich. Um sie auf regionaler Ebene umzusetzen, sind Kommunen, Vereine und Unternehmen aufgefordert, Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen und auf allen Ebenen zu beteiligen. Eine mögliche Form der Beteiligung ist ein Behindertenbeirat. Inwiefern setzen Sie und Ihre Partei sich dafür ein, diese Form der Beteiligung als wichtiges Element für die Beratung von Politik und Verwaltung rund um das Thema Inklusion zu erhalten und zu nutzen?

GRÜNE: Inklusion, Barrierefreiheit und die Berücksichtigung von Anliegen von Menschen mit Behinderung ist für uns Grüne ein wichtiges Thema. Barrierefreiheit bei Infrastruktureinrichtungen wie Bushaltestellen oder öffentliche Gebäuden muss von Beginn an mitbedacht werden.

Um Inklusion von Anfang an zu ermöglichen, sollen Kitas entsprechend ausgebaut werden. Wir möchten, dass garantiert wird, dass bei Inklusionsschüler*innen auch entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden. Das soll vor allem in Form von zusätzlichen Lehrkräften und sozialpädagogischen Fachkräften geschehen. Es gibt im Landkreis zwar unterrichtsbegleitendes Fachpersonal, doch dieses Angebot muss dringend weiter ausgebaut werden – und dafür setzen wir uns ein!

Liga:    Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang dazu, dass eine Haltestelle in Oberjossa, die direkt vor einer Einrichtung der Eingliederungshilfe mit Rollstuhlfahrer*innen liegt, nicht mehr vom NVV angefahren wird, geschlossen werden soll und der NVV sein Haltestellennetz grundsätzlich zurückfährt?

GRÜNE: Wir unterstützen die Liga in ihren Bestrebungen, dass die Haltestelle in Oberjossa wieder regelmäßig angefahren wird.

Ein gut ausgebauter ÖPNV ist ein wichtiges Element, um den ländlichen Raum attraktiv zu halten. Vor allem für Menschen ohne eigenes Auto, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind, ist ein Busverkehr unersetzlich, damit sie am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.

Liga: Nach der Beratungsregelung (§ 218a Abs. 1StGB und §§ 5 ff. Schwangerschaftskonfliktgesetz) dürfen Frauen ihre Schwangerschaft abbrechen lassen. Diese höchstpersönliche Entscheidung kann und darf niemand anderes für die Frauen treffen. Im Landkreis Hersfeld-Rotenburg gibt es keine Möglichkeit den Abbruch vornehmen zu lassen. Das stellt die Frauen teilweise vor unüberwindbare Hürden. Wie werden Sie sich, wird sich Ihre Partei künftig einsetzen, damit die Behandlung von Ärzt*innen im landkreiseigenen Klinikum durchgeführt wird?

GRÜNE: Das reproduktive Selbstbestimmungsrecht der Frau ist für uns ein wichtiges Anliegen. So haben wir uns beispielsweise für den Verhütungsmittelfonds eingesetzt, worüber finanziell schwachen Frauen die Kosten für Verhütungsmittel erstattet werden.

Im Gespräch mit der Klinikleitung wollen wir auch das Thema Schwangerschaftsabbruch im Landkreis ansprechen. Frauen, die sich nach sicherlich nicht leichten Abwägungen und Beratungen zu einem Schwangerschaftsabbruch entschieden haben, sollen nicht bis Kassel oder weiter fahren müssen, um diesen Eingriff vornehmen zu lassen.

Kommunen engagieren sich für Demokratie, Mitgestaltung und Teilhabe.

Liga:    Wie kann die Arbeit der externen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten so gestärkt werden, dass die Angebote für die Bevölkerung wieder zugänglich sind?

GRÜNE: Wir haben im Kreistag dafür gekämpft, dass die Frauenbeauftragte nicht in eine Personalunion mit der ersten Kreisbeigeordneten geführt wird. Leider waren alle anderen Fraktionen für die Umstrukturierung und die Pläne des Landrates.

Eine Frauenbeauftragte muss eine starke Stimme nach außen in die Öffentlichkeit und nach innen in die Verwaltung haben. Wir sehen die Funktion der Frauenbeauftragten seit der Neubesetzung ebenfalls geschwächt und werden bei diesem Thema nicht lockerlassen. Die Funktion muss von einer politisch unabhängigen Frau wahrgenommen werden um das Thema zu stärken!

Zum Thema Demokratie, Mitgestaltung und Teilhabe hat der Grüne Kreisverband im Oktober 2020 einen Grundsatzbeschluss gefasst:

Kommunen sichern die soziale Infrastruktur.

Liga:    Als Träger von Einrichtungen und einer bedeutsamen sozialen Infrastruktur trägt die Liga der Freien Wohlfahrtspflege Mitverantwortung für die kommunale Daseinsvorsorge.

Welche Rolle spielt für Sie und Ihre Partei die Expertise der Freien Wohlfahrtspflege im gesamten Prozess der strategischen Steuerung und Sozialplanung? Inwiefern werden Sie sich dafür einsetzen, den Austausch zu reaktivieren und zu verfestigen?

GRÜNE: Die LIGA und ihre Expertise ist wichtig: Deshalb möchten wir uns dafür einsetzen, dass die LIGA in entsprechenden Fachausschüssen, z.B. im Jugendhilfeausschuss vertreten sein kann, um ihr Fachwissen einbringen zu können. Eine enge Zusammenarbeit mit der Verwaltung, aber auch mit anderen demokratischen politischen Parteien, ist uns wichtig.

Die Grünen sind immer gesprächsbereit und dankbar für Expertise, Anregungen und Informationen aus Verbänden und Organisationen. So haben wir zum Beispiel zur Vorbereitung unseres Kommunalwahlprogramms verschiedene Fachbereiche/Organisationen/Verbände zu digitalen Gesprächsrunden eingeladen, um uns auf dem jeweiligen Themenbereich Expert*innenmeinungen einzuholen. Dadurch konnten wir ein Wahlprogramm aufstellen, welches nah an der Lebensrealität und den Problemen der Bürger*innen in unserem Landkreis ist und gleichzeitig praktikable Lösungsansätze bietet.

Kommunen bekämpfen die Corona-Pandemie.

Liga:    Welche Schlüsse ziehen Sie aus der Pandemie? Mit welchen Konzepten wollen Sie zukünftigen Krisen entgegenwirken, um im Ernstfall handlungsfähig zu bleiben? Für welche konkreten Maßnahmen wollen Sie sich einsetzen?

GRÜNE: Die Erstattung der Kita-Beiträge während des Lockdowns ist uns ein wichtiges Anliegen, um insbesondere Familien in dieser schwierigen Situation zu entlasten. Dafür hat die Landesregierung 12 Mio. Euro monatlich bereitgestellt. Die Wirtschaft hat in Zeiten der Pandemie gelitten, deshalb gab es zahlreiche Corona-Sondersitzungen im Hessischen Landtag. Die Wirtschaft und die Arbeitnehmer und Arbeitgeber brauchen in der Krise Planbarkeit, Verlässlichkeit und Sicherheit. Mathias Wagner, Fraktionsvorsitzender der Hessischen GRÜNEN, sagt zum Thema Sondervermögen folgendes:

„Das Sondervermögen schafft Planbarkeit für die Kommunen. Das Land lässt seine Städte und Gemeinden mit der Krise nicht allein. Wir werden sie in den nächsten Jahren mit 2,5 Milliarden Euro unterstützen. Das Sondervermögen schafft Sicherheit, dass wir die wirtschaftlichen Folgen der Krise bewältigen wollen. Fast 2 Milliarden Euro wollen wir investieren, um Unternehmen in der Krise zu helfen und um in neue, zukunftsfähige Strukturen und Arbeitsplätze zu investieren. Wir unterstützen das Gesundheitswesen, die soziale und kulturelle Infrastruktur. Wir kümmern uns mit der Förderung für Frauenhäuser, Gewaltschutzprojekte und die Tafeln um diejenigen, die unter der Krise besonders leiden.“

Das Gesundheitssystem in Hessen ist gut aufgestellt, außerdem haben wir die Ausweitung des Förderprogrammes Distr@l für noch mehr Projekte im Bereich E-Health mit 80 Mio. Euro gefördert, um die digitale Infrastruktur im hessischen Gesundheitssystem für die Zukunft bestmöglich aufzustellen.

Wir dürfen die Schwächsten nicht vergessen: Einsamkeit, soziale Belastungen und andere Folgen des Lockdowns dürfen nicht aus dem Blick geraten und dafür setzen wir Grünen uns auf allen Ebenen ein!