Kreistagssitzung vom 18.06.2018

Zwei große Themen dominierten die Kreistagssitzung am vergangenen Montag. Der Kreistag hatte in der Sitzung im Januar mit Stimmen von Grünen, SPD, FWG, Linken und CDU den Beschluss gefasst, den Kreisausschuss mit dem Verkauf der Freizeitanlage Meeschendorf auf Fehmarn zu beauftragen und Angebote einzuholen. Nach einem offenen und transparenten Bieterverfahren lag nun ein Angebot über 2,2 Mio Euro vor, welches wesentlich höher als der errechnete Wert lag.

Für den Erhalt der Freizeitanlage bildete sich daraufhin eine Gruppe von engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die mit viel Öffentlichkeitsarbeit Gespräche mit den Fraktionen suchten. Ihr Ziel war, den Verkauf zu stoppen, da diese Anlage zu wertvoll sei um sie zu veräußern.

Wir Grünen stehen aber nach wie vor zu der Position, dass wir die Millionen, die für die Sanierung der Anlage notwendig wären, besser in den Landkreis investieren sollten, anstatt auf Fehmarn, wo nur wenigen einkommensschwachen Familien tatsächlich ein Urlaub ermöglicht werden kann. Um das Angebot eines erschwinglichen Urlaubs zu erhalten, haben wir Grünen einen Änderungsantrag eingebracht, in dem wir fordern, das jährliche Defizit der Ferienanlage zukünftig in einen Fonds zu stecken, um damit einkommensschwachen Familien einen Urlaub zu ermöglichen.

Unser Fraktionsmitglied Thomas Gerlach hat unsere Position in seiner Rede dargelegt:

Thomas Gerlach

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,

der Kreistag des Landkreises Hersfeld – Rotenburg hat sich im Februar dieses Jahres mit dem Verkauf der Freizeitanlage Meeschendorf auf Fehmarn beschäftigt und einen Verkaufsprozess eingeleitet. Warum haben wir das mit großer Mehrheit getan?

Wir haben dies getan, weil…

  • die Anlage seit Jahren eine sehr geringe Belegungsquote ausweist
  • von den zu wenigen Besuchern nur ein kleiner Teil aus unserem Landkreis stammt
  • Investitionen in Millionenhöhe notwendig wären, um die Anlage in einen einigermaßen zeitgerechten Zustand zu versetzen, wozu auch die fachgerechte Entsorgung von Asbest gehört, wie wir seit ein paar Tagen wissen
  • man durchaus die Frage stellen kann, ob es die Aufgabe eines Kreises ist, eine solche Anlage zu betreiben bzw. zu unterhalten

Eine gewisse Rolle hat sicher auch das Defizit gespielt, wobei ein durchschnittliches Minus von EUR 65.000,00 sicher kein alleiniger Grund für den Verkauf gewesen wäre.

An all diesen Fakten und Gründen hat sich seit dem Februar nichts geändert! Es ist daher erstaunlich, dass die Abstimmungen in den Ausschüssen und die bisherigen Diskussionsbeiträge erwarten lassen, dass sich heute keine Mehrheit für den vorgelegten Antrag zum Verkauf finden wird.

Woran liegt es? Wenn ich die gemachten Aussagen auf den Punkt bringe, so wird der gebotene Kaufpreis von knapp 2,2 Mio EUR als zu gering erachtet. [Alle anderen vorgebrachten Argumente hätten im Februar bereits Gültigkeit gehabt, die Fraktionen müssten sich dann die Frage stellen lassen, warum sie damals nicht bereits ihre Ablehnung bekundet haben.]

Sind aber 2,2 Mio EUR wirklich zu wenig? Unsere Fraktion sieht dies anders. Der Angebotspreis ist in einem transparenten Bieterverfahren entstanden. Es ist im wörtlichen Sinne ein Verkehrswert. Ein Verkehrswert entsteht nämlich nicht durch irgendwelche Gutachten, sondern durch das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage – dies mag banal klingen, ist aber eine Tatsache.

Aber selbst bei Heranziehen von Vergleichswerten ändert sich an der Einschätzung nichts. Wenn man den Bereich „Strand“ auf den Bodenrichtwertkarten des Gutachterausschusses im Landkreis Ostholstein betrachtet, ergibt sich ein Quadratmeterpreis von EUR 125,00/m², bei knapp 11ha errechnet sich ein Bodenwert von ca. 1,3 Mio EUR. Dass der Gebäudebestand im jetzigen Zustand mehr als EUR 900.000,00 wert ist, kann kaum ernsthaft zur Debatte stehen.

Meine Damen und Herren, die Grüne Fraktion will sich aber gar nicht auf längere Debatten um die Angemessenheit des Kaufpreises einlassen, für uns steht ein anderer Aspekt im Vordergrund.

Bei allen Bedenken gegenüber dem kostenintensiven „selber betreiben“ einer solchen Anlage ist für uns der soziale Aspekt sehr wichtig. Dieser lässt sich aber nicht sozusagen schwarz/weiß an der Frage Verkauf oder Nichtverkauf festmachen. Vielmehr gibt es kluge Lösungen, die sich an einen Verkauf anschließen könnten, um dem sozialen Grundgedanken von Meeschendorf gerecht zu werden.

Wir schlagen daher vor, aus den beim Verkauf künftig wegfallenden Defiziten einen Sozialfonds zu bedienen, mit dem finanziell bedürftige Familien bei ihren Urlauben unterstützt werden können. Damit würde man auch gezielt die Menschen erreichen, die eine Unterstützung wirklich nötig haben. Die Freizeitanlage ist dafür keine Gewähr, sie kann auch von durchaus gut situierten Personen gebucht werden, denen vielleicht diese Form des Urlaubs einfach gefällt, ohne dass die Preisfrage dabei eine Rolle spielt.

Ein entsprechender Änderungsantrag liegt dem Vorsitzenden und den Fraktionen vor, wir bitten Sie hierzu um Unterstützung.

Wir sind uns dabei durchaus der Schwierigkeiten der Erstellung eines Konzepts für einen solchen Fonds bewusst. Wir haben in unserer Antragsbegründung bereits einige Anregungen gegeben, insbesondere die Vereinbarkeit mit den Regelungen des SGB II, des SGB XII und weiterer Punkte der Sozialgesetzgebung bedürfen aber sicherlich einer eingehenden, fachkompetenten Prüfung. Dies sollte aber beim Kreisausschuss und den Fachabteilungen in guten Händen liegen.

Meine Damen und Herren,

NEIN ist schnell gesagt, das gilt auch -wenn es denn so kommen sollte- für den heutigen Antrag zum Verkauf der Freizeitanlage Meeschendorf. Die Frage ist aber, was folgt auf das nein?

Wir haben uns für den besseren Weg entschieden. Wir unterstützen den Antrag der Verwaltung, zeigen aber gleichzeitig einen Weg auf, die sinnvollen Ansätze der Einrichtung in anderer Form fortzusetzen. Wir würden uns freuen, wenn noch mehr von Ihnen diesen Weg mitgehen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Da aber alle anderen Fraktionen außer CDU und GRÜNE ihre Meinung – sicherlich auch aufgrund des öffenlichen Drucks – änderten, wurde der Antrag abgelehnt. Wir sind gespannt, welche Vorschläge nun von SPD; FWG sowie Linke kommen werden und wie die Investitionen und der Betrieb der Ferienanlage in Zukunft gestaltet werden sollen.

Eine weitere wichtige Entscheidung wurde bezüglich des Anbaus an das Landratsamt getroffen. Nachdem der Projektierer, die OFB, von dem Auftrag zurückgetreten ist, da sie den versprochenen Festpreis von 21 Mio Euro nicht einhalten konnten, wurde nun in einer Beschlussvorlage ein Blankoscheck gefordert, diesen Anbau mit Kosten von 21 Mio Euro durch den Landkreis selbst umzusetzen. Da wir GRÜNEN hier erhebliche Zweifel haben, dass diese Kosten eingehalten werden können und wir auch hinsichtlich der Zweckmäßigkeit der Planung nicht übereinstimmen, haben wir dieser Beschlussvorlage nicht zugestimmt.

Hierzu die Rede der Fraktionsvorsitzenden Kaya Kinkel:

Kaya Kinkel (MdL)

Sehr geehrte Damen und Herren,

Der Zeitdruck, unter dem die letzte Beschlussfassung zu diesem Thema stattfand, ist nun nicht mehr gegeben. Der Umbau der Leitstelle wird in Kürze beginnen. Die Kreistagssitzungen werden dann an wechselnden Orten im Landkreis stattfinden.

Das finden wir gut, da dadurch nicht nur die Kreisstadt Ort der Kreispolitik ist, sondern der gesamte Landkreis. Es ist auch gut für die Transparenz. Dann in Sitzungssälen wie dem BÜTZ, dem Durstewitz Saal in Rotenburg oder der Stadthalle in Hersfeld können vielleicht auch mehrere Klassen aus dem Landkreis zuschauen und nicht nur eine!

Wir GRÜNEN finden, dass das auch eine gute dauerhafte Lösung sein kann: Wir haben sehr viele öffentliche Räumlichkeiten im Landkreis verteilt, davon ist mir keine bekannt, die dauerhaft ausgelastet ist.

Ich denke allein an die vielen, vielen Dorfgemeinschaftshäuser die die meiste Zeit leer stehen. Denn auch das täte der Perspektive des Kreistags mal ganz gut, nicht nur in den Städten, sondern auch den kleineren Kommunen zu tagen. (Natürlich muss auf die Erreichbarkeit mit ÖPNV geachtet werden).

Wir müssen keinen zusätzlichen Kreistagssitzungssaal hier am Standort planen, der durch eine entsprechende Größe und Ausstattung auch einiges kostet.

Wir wollen deshalb, dass die Kalkulation und der Entwurf des Architektens auf die Anforderungen überprüft wird. Ohne Multifunktionssaal und auf Basis der aktuellen Zahlen die am Markt erwartet werden können.

Denn: Wir haben Zweifel. Wenn die OFB, die von Synergieeffekten und sehr guten Ausschreibungsbedingungen durch ihre Struktur gesprochen hat, diesen Festpreis nicht einhalten konnte, wie sollen wir als Landkreis, mit Einzelausschreibungen und zusätzlichen Personalkosten dann diesen Preis erreichen?

Alle in kommunaler Verantwortung wissen, wie schwierig es ist ein Projekt zu stoppen, wenn bei den Einzelausschreibungen nicht der kalkulierte Preis erzielt werden kann.

Hinzu kommt, dass der Markt momentan überhitzt ist. Die öffentliche Hand muss bei Ausschreibungen teilweise mit bis zu 25% höheren Kosten rechnen. In so einer Situation ist es unklug, ein solches Megaprojekt zu starten.

Man muss es schon auch ins Verhältnis setzen. 21 Mio Euro Investitionssumme entspricht etwa dem, was wir im Jahr 2017 und 2018 zusammen investiert haben – und zwar insbesondere in unsere Schulen, Sporthallen, die Infrastruktur, Straßen und Gesundheitsversorgung.

Was machen diese Kosten des Anbaus mit den geplanten Investitionen in den nächsten Jahren? Auch das ist unklar. Noch immer müssen wir viele Schulen und Turnhallen modernisieren. Durch den Anbau dürfen wir uns nicht die Möglichkeit dafür nehmen!

Wir haben die Räumlichkeiten für die Verwaltung – vielleicht nicht alle optimal – und auch langfristige Mietverträge. Deshalb sollten wir nichts überstürzen, sondern in Ruhe alle Alternativen prüfen.

Alternativen können sein: Der Kauf und die Sanierung bestehender Gebäude, eine veränderte Planung oder alternative Finanzierungskonzepte.

Da der vorliegende Beschluss quasi ein Blankoscheck, den Anbau durchzuziehen. Dem können wir nicht zustimmen.

Der Antrag wurde mit den Stimmen aller anderen Fraktionen dennoch angenommen.

Des Weiteren diskutierten wir über die Breitbandversorgung in Nordhessen. Alle Fraktionen im Kreistag waren sich einig, dass Schulen vorrangig an Breitband angeschlossen werden sollen um digitale Kompetenz lehren zu können.

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