Ideologische Ablehnung

Der CDU-Stadtverband übt heftige Kritik an der „Klimainitiative“ und holt dabei zum ideologischen Rundumschlag aus. Wie bereits in den Leserbriefen von Herrn Jürgen Jakubowski (HZ, 23.03.) und dem Team des Weltladens (HZ, 28.03.) dargelegt wurde, liegt die Vermutung nahe, dass seitens des CDU-Stadtverbandes keinerlei inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Antrag der Grünenfraktion zum „Fair-Trade-Zertifikat“ erfolgt ist. Vielmehr wird deutlich, dass die CDU den Antrag wohl aus eigenen ideologischen Gründen abgelehnt haben muss. Schlimmer noch, sie erfinden eine vermeintliche Bedrohung und Gängelung, um sich in ihrer Pressemitteilung (HZ, 30.05.) als das Bollwerk gegen die nicht existente Bedrohung zu inszenieren. Wir erwarten vom CDU-Stadtverband, ihren Politikstil zu überdenken. Dies ist nicht das Niveau, mit dem wir Bad Hersfeld gemeinsam fit für die Zukunft machen können.

In der Kritik der CDU wird darüber hinaus eine sehr eigenwillige Meinung zum Thema demokratische Entscheidungen vertreten. Einer der Kernpfeiler unserer demokratischen Kultur ist es, falsch getroffene Entscheidungen korrigieren zu können. So lange inhaltliche und sachlich fundierte Kritik geübt wird, ist es daher auch jederzeit legitim, eine bereits getroffene Entscheidung zu kritisieren, anstatt sie stillschweigend zu akzeptieren. Das Motto: „Beschlossen ist beschlossen und wird nicht gebrochen“ wäre für uns jedenfalls neu.

Die Stadt Bad Hersfeld hat den Klimanotstand ausgerufen und strebt laut Beschluss ihre Klimaneutralität bis 2035 an. Demnach sind sämtliche Vorhaben und Entscheidungen der Stadt dahingehend zu prüfen, ob sie diesem Ziel dienlich sind oder nicht. Wenn die Klimainitiative also darauf beharrt, dass alle Maßnahmen diesem Beschluss entsprechen müssen, ist das alles andere als undemokratisch. Daher ist es legitim darauf hinzuweisen, dass es immer klimafreundlicher ist, „Bestandsgebäude“ klimaeffizient zu sanieren, statt die bestehende Bausubstanz zu zerstören und minderwertig weiter zu verarbeiten. Wir als Stadt haben uns zur Aufgabe gemacht, auf unsere Klimaneutralität hinzuarbeiten. So wäre es im Falle eines Abrisses sinnvoll, eines der neu gegründeten Start-Ups im Bereich „Upcycling“ von Baustoffen hinzuzuziehen, um die Klimabilanz des Projektes im Sinne unserer eigenen Zielsetzungen zu verbessern.

Ebenso ist es gerechtfertigt, außerparlamentarische Kritik an den beschlossenen Maßnahmen an der Meisebacher Straße zu üben. Von Seiten der Grünen wurden bereits während der Abstimmung entsprechende Vorschläge zur Verbesserung der Situation für Radfahrende gemacht, die jedoch keine Berücksichtigung fanden. Bei der Diskussion um die Hochbrücke ist es eigentlich auch in den städtischen Gremien Konsens, dass dem vorliegenden Ergebnis zwar mehrheitlich in den Gremien zugestimmt wurde, aber die vorliegende Lösung eher die zweitbeste ist. Wie sollen wir den Bürgerinnen und Bürgern vermitteln, dass wir mit der zweitbesten Lösung das Gesicht der Stadt auf Jahrzehnte prägen? – weil wir das nun mal schon so beschlossen haben?

Die Zusammenhänge in unserer globalisierten Welt sind oft zu komplex, um sie mit nur einem flüchtigen Blick zu erfassen. Andernfalls wäre wohl auch den Damen und Herren der Dagegen-Fraktion aufgefallen, dass es bei dem Antrag der Grünen auch um die Bekämpfung von Fluchtursachen geht. Die CDU und auch die AFD regen sich gerne über den „ungezügelten Zuzug afrikanischer oder anderer fremdländischer Migranten“ auf, vergessen aber, dass eine Verbesserung der Lebenssituation in den Herkunftsländern nachhaltig für ein Rückgang der Migration sorgen kann und soll. Die nachhaltige Verbesserung der Lebenssituation in den Herkunftsländern durch faire Handelsbeziehungen ist jedoch der einzig humane Weg zur Verringerung der Migration. Viele „Fair Trade-Projekte“ verbessern die Einkommenssituation insbesondere für Frauen und deren Familien. Der Kauf solcher Produkte stellt somit die Menschen, die sie herstellen, in den Mittelpunkt unserer Kaufentscheidungen und nicht die Konsumprodukte. Zudem setzen die Produzenten solcher Produkte oft auf eine nachhaltige Produktion, da sie selbst schon länger als wir die dramatischen Folgen der globalen Erhitzung am eigenen Leib zu spüren bekommen. Der Antrag der Grünenfraktion, das bereits vorhandene Engagement in Bad Hersfeld zum Fairen Handel, durch das „Fair-Trade-Zertifikat“ weiter zu unterstützen und zu fördern, ist mindestens eine Win-Win-Entscheidung. „Es hätte sich gelohnt, sich den Antrag zur ‚Fair Trade Town Bad Hersfeld‘ durchzulesen, bevor er aus Prinzip abgelehnt wird“, so die Sprecherin der Grünen des OV Bad Hersfeld.

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