Weg mit den Straßenbeiträgen, das Land soll alle Straßenerneuerungen bezahlen – das klingt erst mal gut und findet starke Zustimmung bei denjenigen, die bald Beiträge zu zahlen hätten. Wer nicht betroffen ist, steht dem Thema eher gleichgültig gegenüber.
Doch es gibt gute Gründe, genauer darüber nachzudenken. Nicht von ungefähr gibt es Bundes-, Landes- und Kreisstraßen – und eben innerörtliche Straßen, die unter die kommunale Selbstbestimmung der Gemeinde fallen.
Deren Sanierung ist von jeher eine Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung. Das ist auch gut so, denn die Verwaltung vor Ort kann am besten entscheiden, welche Straße den größten Sanierungsbedarf hat, und arbeitet diese nach Prioritätenliste ab. Die Kommune hat damit einen wichtigen Anreiz, im Falle von Schäden gleich zu handeln, damit es gar nicht erst zur Totalsanierung kommen muss – auch, weil die Sanierungen im Allgemeinen von den Kommunen komplett bezahlt wurden.
Bei einer Abschreibungsdauer von 25 Jahren sollten im Schnitt jährlich vier Prozent der kommunalen Straßen erneuert werden. Viele Kommunen konnten jedoch in den vergangenen Jahren aufgrund ihrer angespannten Haushaltslage keine Sanierungen durchführen, ein Investitionsstau ist vielerorts entstanden. Manche haben es auch schlichtweg versäumt.
Die frühere schwarz-gelbe Landesregierung, also die CDU mit Unterstützung der FDP, beschloss, dass verschuldete Kommunen verpflichtet sein sollen, bei der Sanierung innerörtlicher Straßen Beiträge von den Anwohnern zu erheben. Ein Teil der Kosten soll damit abgedeckt werden. Eine Gesetzesänderung eröffnete aber auch die Möglichkeit, die Straßenbeiträge solidarisch und sozial verträglich zu gestalten. Einige Kommunen, bei uns im Landkreis z. B. Wildeck, haben die Straßenbeiträge bereits „wiederkehrend“ gestaltet, sodass in jedem Ortsteil solidarisch die anteiligen Beiträge von allen Grundeigentümern erhoben werden.
Die Forderung, Straßensanierungen direkt aus Landesmitteln zu finanzieren, würde zu verschiedenen Fehlsteuerungen führen. Einmal hätten die Kommunen nur noch wenig Einfluss darauf, wann welche Straße saniert wird, und auch in welcher Form. Die Verantwortlichkeit vor Ort würde stark eingeschränkt. Der Anreiz, Straßen kontinuierlich in Schuss zu halten und damit eine Komplettsanierung möglichst lange hinauszuzögern – wodurch die finanzielle Gesamtbelastung sinkt -, würde genommen. Und auch der Anreiz, Flächen möglichst wenig zu zersiedeln. Und: Diejenigen Kommunen, die ihre Hausaufgaben gemacht haben, z. B. in Form einer wiederkehrenden Beitragssatzung, würden rückwirkend dafür bestraft werden. Erst recht diejenigen, die kontinuierlich ihre Straßen in Schuss gehalten haben, wie es eigentlich sein sollte.
Klar ist aber auch: Die Kosten für den innerörtlichen Straßenbau belasten die Bewohner des ländlichen Raums verhältnismäßig stärker als in Ballungsgebieten. Dies sollte berücksichtigt werden, wenn das Land den Kommunen zusätzliche Mittel bereitstellt. Doch wurde in den vergangenen Jahren unter Grüner Regierungsbeteiligung in Hessen die finanzielle Ausstattung der Kommunen substanziell verbessert. Das bescheinigt auch der Hessische Rechnungshof der Landesregierung, sodass die hessischen Kommunen 2016 zusammen einen Einnahmeüberschuss von über 300 Mio. Euro auswiesen. Vor allem der neue bedarfsorientierte Kommunale Finanzausgleich wird bis 2019 auf jährlich fünf Mrd. Euro anwachsen (2017: 4,6 Mrd.; 2013: 3,8 Mrd.).
Wir halten die teils hohen Belastungen aus einmaligen Straßenbeiträgen für höchst problematisch, denn Grundstückseigentümer sind – gerade im ländlichen Raum – nicht immer wohlhabende Menschen. Die genannten Argumente zeigen, dass eine befriedigende Lösung der aktuell ungerechten Situation nicht im Hauruck-Verfahren erfolgen kann, sondern im Austausch mit den Städten und Gemeinden und den Kommunalen Spitzenverbänden erarbeitet werden muss. Wir bleiben mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt, damit die Kosten der kommunalen Straßensanierung gerecht und für Anlieger und Kommunen akzeptabel verteilt werden!
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